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BGH: Versagung der Restschuldbefreiung bei einem teilzeitbeschäftigten Schuldner

InsO §§ 295 I Nr. 1, 296 I
Der teilzeitbeschäftigte Schuldner muss sich grundsätzlich in gleicher Weise wie der erfolglose selbständig tätige und der erwerbslose Schuldner um eine angemessene Vollzeitbeschäftigung bemühen. (Leitsatz des Gerichts)
BGH, Beschluss vom 1.3.2018 - IX ZB 32/17 (LG Verden)

Sachverhalt
Über das Vermögen des Schuldners wurde am 21.1.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 1.10.2010 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und der weitere Beteiligte zu 1 zum Treuhänder bestellt. Am 9.11.2010 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Schuldner ging seit dem 1.3.2010 einer Halbtagstätigkeit bei einer GmbH nach, deren alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin seine Ehefrau ist. Sein monatliches Nettoeinkommen lag bis Ende des Jahres 2014 bei zwei unterhaltsberechtigten Kindern weit unterhalb des Pfändungsfreibetrages. Er hatte gegenüber dem Finanzamt die Steuerklasse V gewählt. Seit Januar 2015 hat der Schuldner aufgrund einer Gehaltserhöhung und der Erhöhung der Stundenzahl auf wöchentlich 25 Stunden nach Wahl der Steuerklasse IV ein über dem Pfändungsfreibetrag liegendes Einkommen. Die pfändbaren Beträge führt er seitdem an den Treuhänder ab.
Die weitere Beteiligte zu 2, eine Gläubigerin, deren Forderung zur Tabelle festgestellt ist, hat im September 2014 beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er gegen seine Erwerbsobliegenheiten verstoßen habe. Das Insolvenzgericht hat antragsgemäß die Restschuldbefreiung versagt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner erreichen, dass der Antrag der Gläubigerin auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen wird. Im Ergebnis ohne Erfolg.

Entscheidung
Mit Recht sei das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Schuldner mit der Teilzeitbeschäftigung nicht seiner Erwerbsobliegenheit aus § 295 I Nr. 1 InsO nachgekommen sei. Es habe zutreffend darauf verwiesen, dass der Schuldner sich nicht hinreichend aktiv und ernsthaft um eine Vollzeitarbeitsstelle bemüht habe. Statt zwei bis drei Bewerbungen in der Woche ? nach Ansicht des Beschwerdegerichts sogar nur einmal pro Monat ? habe er sich durchschnittlich lediglich vier Mal pro Jahr beworben. Das Beschwerdegericht habe sich davon überzeugt, dass die Bewerbungen Erfolg gehabt hätten und der Schuldner bei einem anderen Arbeitgeber in Vollzeitbeschäftigung mindestens brutto 3.400 EUR verdient hätte, unter Berücksichtigung der Steuerklasse V monatlich netto 1.784 EUR, was während der gesamten Wohlverhaltensperiode unter Berücksichtigung von zwei Unterhaltsberechtigten zu pfändbaren Beträgen geführt hätte, womit zumindest teilweise die Verfahrenskosten hätten gezahlt werden können.
Auf die Einwendungen des Schuldners, dass er weder berechtigt noch tatsächlich in der Lage gewesen sei, neben seiner Teilzeittätigkeit eine weitere Beschäftigung aufzunehmen, komme es nicht an, weil das Beschwerdegericht ihm zum Vorwurf gemacht habe, sich nicht auf eine Vollzeitstelle beworben zu haben.
Das Beschwerdegericht habe es aufgrund allgemein zugänglicher Quellen für allgemein bekannt und im Übrigen durch den Tarifvertrag des Arbeitgeberverbands der Bau- und Rohstoffindustrie und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt als belegt angesehen, dass eine Person mit den Kenntnissen und der Berufserfahrung des Schuldners eine Erwerbstätigkeit entsprechend ihrer Ausbildung und ihrer Fähigkeiten gefunden hätte, die ihr einen monatlichen Nettoverdienst iHv mindestens 1.784 EUR eingebracht hätte. Deswegen habe das Beschwerdegericht vom Schuldner auch verlangen können, sich zumindest einmal monatlich zu bewerben, wobei es ersichtlich davon ausgegangen sei, dass solche Bewerbungen Erfolg gehabt hätten.
Zutreffend sei das Beschwerdegericht auch davon ausgegangen, dass die Befriedigung der Insolvenzgläubiger konkret beeinträchtigt worden sei. Es habe für die Berechnung auf die Entscheidung des Insolvenzgerichts verwiesen, in der eine ausreichende Berechnung vorgenommen worden sei. Danach hätte unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Pfändungstabellen bei zwei Unterhaltsberechtigten unter Zugrundelegung der Steuerklasse V in der Zeit vom 1.1.2011 bis 31.12.2014 ein Betrag von insgesamt über 2.500 EUR zur Masse abgeführt werden müssen. Daraus hätte zumindest die Staatskasse wegen der Verfahrenskosten teilweise befriedigt werden können.